1. Fortsetzung von Katrin Durst |
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Die Wände waren mit Moos bewachsen und dementsprechend modrig roch es auch. An der von Schlamm triefenden Decke baumelte eine einzige Glühbirne hinunter, die den ganzen Raum spärlich erhellte. Als Nik mit den Augen den Raum absuchte, entdeckte er, dass der Raum total mit Spinnweben voll hing. Unter der Decke bemerkte er den Schlüssel, den er für seine Rückkehr brauchte. Doch das Sonderbarste war, dass auf dem Boden in der Mitte des Raumes eine riesige Folie mit roten, grünen, blauen und gelben Punkten, die je in einer Reihe angeordnet waren, lag. Aber das war im Moment unwichtig. Denn das, was er da sah, war wirklich grauenhaft! | |
Eine riesige Spinne, circa 1,80 Meter hoch, stiefelte auf ihn zu. Sie hatte einen riesigen behaarten Körper und acht eigentlich viel zu dünne Beine. Zwei riesige Greifzangen standen aus ihrem Kiefer und kalte schwarze Augen fixierten Nik boshaft. | |
Aber sie kam nicht allein. Hinter ihr konnte Nik nämlich eine ganze Spinnenschar andere, im Gegensatz zu ihr eher kleine Spinnen entdecken. | |
"Ah, ein Eindringling!", posaunte die große Anführerspinne mit kalter Stimme. "Na, mit dem wollen wir mal unseren Spaß haben." Niks Herz raste. Was hatten die mit ihm vor? "Also pass auf, es läuft hier folgendermaßen: Du musst einfach gegen mich im Twister gewinnen, wobei ich nur einen kleinen, unwesentlichen Vorteil wegen meiner vielen Beine habe. Ich erkläre jetzt die Spielregeln, höre also gut zu: Du hast sicher schon die riesige Folie mit den bunten Punkten gesehen? Das ist unser Spielfeld. Eine der kleinen Spinnen dreht an einer Drehscheibe auf der verschiedene Anweisungen, wie zum Beispiel: "Stelle deinen rechten Fuß auf ein rotes Feld" oder "Gehe mit deiner rechten Hand auf einen blauen Punkt" und andere stehen. Ich darf natürlich jeden beliebigen Fuß einsetzen, was das Spiel etwas interessanter machen dürfte. Ziel des Spieles ist, jeden Befehl auszuführen ohne das Spielfeld mit Po oder Ellbogen zu berühren. Wer als erstes umkippt, hat verloren. Das Spiel wäre natürlich leicht, wenn man nach jeder Ausführung in seine ursprüngliche Position zurück dürfte, aber das ist nicht der Fall. Somit wird es immer schwieriger, das Gleichgewicht zu bewahren. Wenn du gewinnst, bekommst du den ersten Schlüssel den du suchst von mir. Also, kann es losgehen? Dann stell dich aufs Spielfeld." "Oje, das schaffe ich doch nie", dachte Nik. "Diese Riesenspinne ist mir mit ihren acht Beinen doch klar überlegen." Er stellte sich dennoch seufzend auf einen der Punkte, denn er hatte ja keine andere Wahl. Und schon ging es los: "Linker Fuß blau, rechte Hand grün, linke Hand gelb ...!", so lauteten die Anweisungen, und Nik kam ziemlich ins Schwitzen. Die Spinne aber schien alles spielend zu bewältigen und langsam sah es so aus, als würde sie gewinnen. Nik versuchte so gut es ging das Gleichgewicht zu behalten, doch bei jeder Position wurde es schwieriger. |
Da kam ihm die rettende Idee. "Guck mal", rief er der Spinne zu. "Da kriecht eine große, dicke, fette Mücke!" "Wo, wo? Lecker, lecker, lecker, lecker!", rief die Riesenspinne begeistert und suchte aufgeregt den Boden mit ihren großen Glubschaugen ab. | |
Da sie aber dabei zu sehr den Kopf verdrehte, kam bald was kommen musste. Ihr dicker Körper auf den dünnen Beinen begann zu schwanken. Sie versuchte noch, sich zu halten, doch es half alles nichts. Mit einem ärgerlichen Kreischen kippte die riesige Spinne nach vorne. Die kleinen Spinnen, die bisher allem entsetzt zugesehen hatten, stoben jetzt alle auseinander und verschwanden in der Dunkelheit. Die große Spinne aber richtete sich langsam wieder auf und sagte stotternd: "Du - du hast mich ge - geschlagen. Wenn auch mit einem Trick. Aber ich bin nicht unfair, hier hast du deinen Schlüssel." Und tatsächlich, ein Schlüssel vom Schüsselbund des Gespenstes kam auf einem silbernen Strahl von der Decke hinunter. Die Spinne aber machte sich so schnell ihre Beine trugen aus dem Staub. Nik ergriff schnell den Schlüssel und rannte zur Tür. Diese öffnete er mit dem Schlüssel. Erleichtert rannte er hinaus. Das erste Hindernis hatte er überwunden. | |
Bei dem Gedanken an seine ungewöhnlichen Spielpartner überlief Nik erneut eine Gänsehaut. Von Spinnen hatte er jedenfalls vorläufig die Nase gestrichen voll. Ohne wertvolle Zeit zu verlieren hastete er zu dem mächtigen Tor und suchte hektisch nach dem passenden Schloss. Noch während er eines nach dem anderen vergeblich ausprobierte, erklang ein dumpfer Glockenton, der wie eine unheilvolle Mahnung durch den leeren Raum hallte. Die erste Stunde war verstrichen. Nik musste sich beeilen! Dann - endlich - hatte er Erfolg. Der gefundene Schlüssel drehte sich knirschend in einem der rostigen Schlösser und gleichzeitig durchlief ein zartes Zittern das schwere Eingangstor. "Hätte nicht gedacht, dass du das schaffst." Nik zuckte zusammen. Ängstlich drehte er sich nach der Stimme um, die ihn so unerwartet angesprochen hatte. Es war der Zipfelmützenmann, und wieder hatte Nik ihn nicht kommen hören. "Aber glaube ja nicht, dass alle Aufgaben so einfach zu bewältigen sind", fuhr der Alte nörgelnd fort. "Noch keiner hat es geschafft, von hier wieder zu entkommen." "Hat es denn schon mal jemand versucht?", fragte Nik überrascht. "Natürlich. Glaubst du etwa, du bist der erste, der sich hierher verirrt hat? Erst kürzlich platzte ein Mädchen herein. Sie hieß ... sie hieß ..., ach ich habe ihren Namen vergessen. So ein kleines, freches, vorlautes Ding eben. War genauso töricht wie du. Glaubte, sie könne alle Schlüssel finden, aber bereits aus der zweiten Tür kehrte sie nicht mehr zurück." "Was ist mit ihr geschehen?" "Woher soll ich das wissen!", maulte der Zipfelmützenmann. "Verzaubert wird ER sie haben, oder eingesperrt, oder beides. Wenn du so neugierig bist, dann suche sie doch. Vielleicht kannst du sie ja erlösen und ihr könnt euch dann gegenseitig helfen." Mit seinem dünnen Zeigefinger deutete er auf die zweite der zwölf Türen. Als Nik ihre Klinke berührte, sprang die Tür mit einem lauten Knall auf. Vorsichtig überschritt der Junge die Schwelle. Er fühlte eisige Kälte, sah blaues, pulsierendes Licht und hörte eine leise, flehende Stimme, die aus weiter Ferne zu ihm wehte ... |
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